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Google geht den Holzweg
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Google geht den Holzweg

Hochleistungsfähig, kohlenstoffarm, skalierbar, biophil – das waren die Wünsche von Google für seinen fünfstöckigen Büroneubau 1265 Borregas Avenue im kalifornischen Sunnyvale. Heraus kam das erste Mass-Timber-Projekt des Unternehmens.

Manche Meilensteine haben eine Postadresse. Jener, von dem im kommenden die Rede sein wird, ist in Sunnyvale, Kalifornien, zu finden. Genauer gesagt in der 1265 Borregas Avenue. Hier wurde Ende 2024 Googles erstes Bürogebäude in Massivholzbauweise fertiggestellt. Nach über fünf Jahre Planungs- und Bauzeit. Auf hochleistungsfähigen, kohlenstoffarmen 16.700 Quadratmetern Geschossfläche vereinen sich nun die Maßgaben nachhaltigen Bauens mit einem biophilen Design. Beides zusammen soll auch die (mentale) Gesundheit der rund tausend Mitarbeiter:innen am Standort erhalten und fördern.

Google, Sunnyvale, Kalifornien, 1265 Borregas Avenue, Michael Green Architecture, Massivholzbauweise
Premiere an der 1265 Borregas Avenue im kalifornischen Sunnyvale: Googles erstes Bürogebäude in Massivholzbauweise.

Am Tag der Eröffnung war es daher auch niemand Geringerer als Scott Foster, seines Zeichens Vize-Präsident für „Real Estate & Workplace Services“ des Tech-Konzerns, der sich im Firmenblog höchstpersönlich an die Belegschaft wandte und stolz verkündete: „Heute stellen wir ein neues Büro vor, das die Prinzipien widerspiegelt, die wir seit langem bei unserer Immobiliengestaltung anwenden: nachhaltige Räume zu schaffen, in denen Googler ihr Bestes leisten können.“

Richtung: Netto-Null

Google plant, bis 2030 die netto Null hinsichtlich CO2-Emissionen zu erreichen. Das LEED-Platinum-zertifizierte und vollelektrische Projekt 1265 Borregas Avenue wird den Tech-Giganten diesem Ziel ein gutes Stück näherbringen – auch dank der auf dem Dach befindlichen Solarzellen, die Strom für das Gebäude erzeugen. Kernstück des Klimaschutzkonzeptes ist aber freilich die Bauweise: „Die regenerativen Eigenschaften von Massivholz und seine Fähigkeit, Kohlenstoff über die Zeit zu binden und zu speichern – ein Prozess namens Sequestrierung –, machen es zu einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Wahl“, heißt es von Seiten der Planer von Michael Green Architecture (MGA), die den Komplex entworfen haben.

Neues Bürogebäude von Google, Mass Timber 1
Biophil: Holz vor der „Hütte“ im Eingangsbereich …
Google, Mass Timber 1, Hybridkonstruktion, CLT-Bodenplatten, knickgespannte Stahlrahmen
… Holz in der Hütte als Teil der Hybrid-Konstruktion.

Der Einsatz von Massivholz konnte die CO2-Emissionen, die bei Gewinnung, Produktion und Transport herkömmlicher Baumaterialien entstehen, deutlich senken. „Das Gebäude reduziert den gebundenen Kohlenstoff um 47 Prozent im Vergleich zu einem entsprechenden Stahlgebäude. Und um 96 Prozent unter Berücksichtigung der langfristigen Sequestrierung“, so das Architekturbüro MGA mit Hauptsitz in Vancouver, Kanada.

Pluspunkt Sequestrierung

Um diese Klimavorteile zu erreichen, achtete man insbesondere auf den Lebenszyklus des eingesetzten Baumaterials: „100 Prozent des verwendeten strukturellen Massivholzes stammen aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern. Sie sind durch den Forest Stewardship Council (FSC) zertifiziert.“ Ein weiterer Vorteil der skalierbaren Gebäudelösung: Die vorgefertigten Bauteile beschleunigten die Montage, wodurch weniger Bauverkehr, -lärm und -abfall auf der Baustelle entstand.

Google, 1265 Borregas Avenue, Michael Green Architecture, Atrium
Das Atrium verbindet die Gebäudeteile …
Google, 1265 Borregas Avenue, Oberlicht
… und sorgt mit Oberlicht für Wohlfühlatmosphäre.

Das Baumaterial wurde – Ehre, wem Ehre gebührt – am und im gesamten Gebäude sichtbar gelassen. Von außen beeindruckt 1265 Borregas Avenue durch seine schlichte, aber ästhetische Konstruktion, die die offene Struktur des Neubaus unterstreicht. Die Gradlinigkeit des Entwurfs wird lediglich hier und da durch eingelassene oder herausgeschobene Balkone gebrochen, die die Energieeffizienz erhöhen.

Hybrid und offen

„Die seismischen Anforderungen des Standorts erfüllte unser Projektteam mit einem hybriden Ansatz“, erklärt MGA. Dafür verwendete man CLT-Bodenplatten als horizontale Membran und ordnete knickgespannte Stahlrahmen innerhalb des Massivholz-Schwerkraftsystems an. „Da der Stahl keine Schwerkraftlast trägt, konnten die Rahmen frei belassen werden, ohne dass intumeszierende Farbe oder andere Brandschutzbeschichtungen erforderlich waren.“

Die seismischen Anforderungen des Standorts erfüllte unser Projektteam mit einem hybriden Ansatz.

Michael Green Architecture

Die wahre Innovationskraft des Entwurfs enthüllt aber erst ein Blick hinter die Fassade. Oder besser: auf diese. Statt einer herkömmlichen Vorhangfassade wurde sie als geschlossene Hohlraumfassade mit Lamellenjalousien aus unlackiertem Holz im venezianischen Stil konzipiert. Eine Premiere – nicht nur für Google. Es ist auch die erste Closed Cavity Facade (CCF) in Nordamerika. „Die Jalousien befinden sich in einem geschlossenen und hermetisch abgedichteten Hohlraum, der mit trockener Luft versorgt wird, um jegliche Kondensation zu vermeiden“, so die MAG-Planer. „Dadurch konnte auf die herkömmlichen Grabenkonvektoren verzichtet werden, die normalerweise zur Bewältigung von Lastspitzen eingesetzt werden.“

Mehr als nur Fassade

Die Eroberung des Konstruktionsneulands hat sich gelohnt. 2023 gab es dafür den „Facade Design and Engineering Award“ als „Internationales Innovationsprojekt des Jahres“. Kein Wunder, unterstreicht der gewählte Ansatz doch das erhebliche Potenzial, das eine Fassade für die Gesamtnachhaltigkeit eines Gebäudes haben kann. 1265 Borregas Avenue zeigt jedenfalls eindrucksvoll auf, wie eine Fassade langfristig sowohl den Energieaufwand als auch die Betriebsenergie reduzieren kann, weil der Umfang der mechanischen Systeme verringert wird.

Google, 1265 Borregas Avenue, Fassadengestaltung, Hohlraumfassade mit Lamellenjalousien, Closed Cavity Facade (CCF)
Die Hohlraumfassade mit Lamellenjalousien aus unlackiertem Holz im venezianischen Stil ist eine Premiere in Nordamerika.

Im Inneren rücken die freiliegenden Holzwände und -decken aus Glulam und CLT das naturbasierte Design der offenen Grundrisse ins Zentrum. „Da die Anpassungsfähigkeit für das Geschäft von Google von entscheidender Bedeutung ist, haben wir darauf geachtet, dass die Flexibilität für künftige Umgestaltungen gegeben ist und die langfristige Funktionalität des Raums maximiert wird“, so MGA. Für den „Erstbezug“ schufen die Architekten Räume mit einfacher Höhe (für Besprechungen) und zwei doppelstöckige Teamarbeitsbereiche in der nördlichen Hälfte des Gebäudes und verbanden sie durch ein vierstöckiges Atrium, das die Mitarbeiter:innen und Teams sowohl visuell als auch physisch miteinander verbindet.

Biophiles Design

Über das Oberlicht im Atrium und die bodentiefen Fenster strömt natürliches Tageslicht ins Innere, sie geben zudem beeindruckende Ausblicke auf die Landschaft Nordkaliforniens frei. Automatische Holzjalousien passen sich dem Stand der Sonne an und minimieren Blendungen, während ein Luftsystem unter dem Boden für optimalen Komfort sorgt.

1265 Borregas Avenue, Michael Green Architecture, Interior, offene Konstruktion, Lobby
Nicht nur die Umwelt soll geschont werden, Google will auch die Gesundheit der Belegschaft fördern.

Healing Architecture ist das zwar noch nicht ganz, doch fördert es unbestritten ein gesundes Arbeitsumfeld. Das Sorgetragen für das Wohlbefinden der Belegschaft war – neben dem Schutz der Umwelt – auch Teil des Auftrags an die ausführenden Architekten. „1265 Borregas Avenue unterstreicht unseren Einsatz für ein biophiles Arbeitsplatzdesign“, betont Scott Foster.

Produktiv und fokussiert

Ganz uneigennützig ist dieses Engagement freilich nicht. Verschiedenste Studien haben längst erwiesen, dass Menschen sich besser konzentrieren können und produktiver arbeiten, wenn sie von Natur umgeben sind. Dass das Gebäude darüber hinaus mit Nachbarschaftsbereichen aktive Zusammenarbeit, hybride Verbindungen und fokussiertes Arbeiten fördern, „spiegelt auch unsere neuesten Arbeitsmethoden wider.“

Wir hoffen, dass 1265 Borregas Avenue Schule macht und sich andere in der Branche diesem Ansatz anschließen werden.

Scott Foster, Vize-Präsident für „Real Estate & Workplace Services“ bei Google

Solch Architektur braucht natürlich auch einen landschaftsarchitektonisch passenden Rahmen. Die grüne Infrastruktur für 1265 Borregas Avenue schufen die Designer von SWA: Rund um das Gebäude und benachbarte Standorte einen drei Hektar großen Park. Teil ihres Konzeptes: die Bepflanzung mit bestäuberfreundlichen Vertretern der einheimischen Küstenflora – darunter etwa kalifornische Eichen, Salbeibüsche, Meldekraut, Beifuß und Wildrosen. Mit ihnen soll nicht nur die Artenvielfalt, gefördert, sondern auch der Bewässerungsbedarf reduziert werden.

Innen hui, außen nicht pfui!

Outdoormöbel aus Holz sorgen für eine kohärente Materialsprache in Ergänzung zum Baumaterial. Der Standortentwurf legt zudem Wert auf Konnektivität: Multimodale Verbindungen zum breiteren Sunnyvale-Transitsystem regen Mitarbeiter:innen und Besucher:innen zum kohlenstoffarmen Pendeln an. Und an der nordöstlichen Ecke des Gebäudes befindet sich ein Kunstwerk: „Mothership“, eine zwei Tonnen schwere Skulptur von Mike Whiting, ist eine Hommage an den ursprünglichen Atari-Hauptsitz, der dem neuen Google-Bau vorausging.

Google, 1265 Borregas Avenue, Nachtaufnahme
Ein leuchtendes Beispiel für nachhaltiges Bauen in der Tech-Branche: Googles 1265 Borregas Avenue.

1265 Borregas Avenue soll für Google nicht nur neue (Teil-)Heimat werden, sondern auch ein Pilotprojekt für künftige Bauprojekte. Und zwar nicht nur die eigenen: „Wir hoffen, dass sich andere in der Branche diesem Ansatz anschließen. Um eine nachhaltigere Zukunft zu unterstützen und um gleichzeitig das Wohlbefinden der Menschen in den Vordergrund zu stellen“, so Scott Foster.

Dieser Wunsch könnte tatsächlich mehr als ein frommer sein. Im Silicon Valley entsteht zum Beispiel auf dem Gelände des Stanford Research Park in Palo Alto das Bürogebäude „Verdant Sanctuary“ – in Massivholzbauweise.

Text: Daniea Schuster
Bilder: Michael Green Architecture; Ema Peter

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